Wandertag: Mittelalter in Mitte

Mittelalterliche Stadtgeschichte stellt einen der Schwerpunkte für das Abitur in Geschichte der diesjährigen Elftklässler dar. Was liegt da näher, als sich die Geschichte der im Mittelalter gegründeten Doppelstadt Berlin/Cölln anzusehen, die ja quasi vor der eigenen Haustüre liegt?

Der Leistungskurs Geschichte von Frau Goldschmidt hat sich daher am Wandertag mit Herrn Prof. Helmrath von der Humboldt Universität zu Berlin getroffen, um zunächst alle im Unterricht erarbeiteten offenen Fragen zur mittelalterlichen Geschichte loszuwerden und schon mal ein bisschen universitäre Luft zu schnuppern. Hoch konzentriert folgte der Kurs den Ausführungen des Mediävisten und seines Mitarbeiters Dr. habil. Jaser. Diese hatten sich schriftlich auf den Fragenkatalog der SchülerInnen vorbereitet, was der Kurz geschmeichelt zur Kenntnis nahm. Ihre Erläuterungen konnten die beiden Experten auch mit manch einer markanten Anekdote würzen. Wer hätte etwa gedacht, dass mittelalterliche Äbtissinnen sich im Reichstag von einem Mann vertreten lassen konnten und damit ihr politisches Gewicht im Reich geltend machten?

Im Anschluss zeigte Herr Dr. Milliaris, der Grabungsleiter der Ausgrabungsstätte Molkenmarkt, dem Kurs, dass die mittelalterlichen Menschen etwa 1,5 Meter unter dem heutigen Stadtniveau spazieren gingen und dass direkt vor dem Roten Rathaus mittelalterliche Öfen und Wege freigelegt werden konnten. Fasziniert betrachteten die Nachwuchs-HistorikerInnen auch das vollständige Skelett eines Pferdes aus der Zeit der Industrialisierung, das wohl in einen nicht mehr genutzten Schacht geworfen worden war. Ebenfalls vor dem Roten Rathaus wurde ein komplettes Elektrizitätswerk ausgegraben. Das Archäologen-Team arbeitet unter großem Zeitdruck, da auf dem Grabungsgelände ein neues Stadtquartier entstehen soll. Bis dahin müssen sie alle dort vorhandenen antropogenen Schichten dokumentieren. Das Team erhofft sich unter anderem Erkenntnisse zur Lokalisation des jüdischen Wohnviertels, welches im Spätmittelalter entstand. Alle Interessierten können freitags um 14 Uhr ohne Anmeldung an einer Führung teilnehmen oder auch recht kurzfristig andere Führungstermine vereinbaren!

Zuletzt verfolgte der nun schon etwas geschwächte Kurs die Entwicklung Berlins ab dem Mittelalter im Märkischen Museum. Hier stellte sich heraus, dass es die Vorläufer der Oberbaumbrücke schon im Mittelalter gegeben hat. Mithilfe von Baumstämmen, die die Spree blockierten, wurden die zu Wasser reisenden Händler gezwungen, Zölle zu entrichten. Interessiert betrachteten die SchülerInnen nicht zuletzt das älteste Schwein Berlins: Es wurde auf der Stralauer Allee gefunden, stammt aus dem Mittelalter und wurde von Archäozoologen auf das Jahr 1174 datiert.

Sarah Goldschmidt